Oberarzt Dr. Arno Lutz ist Bereichsleiter unseres Herzkatheterlabors (HKL). Das klingt erst mal nach einem Experimentierraum. Worum handelt es sich genau?
In dem lateinischen „laborare“ stecken mehrere Bedeutungen, die gut auf die Arbeit im HKL passen: Das wäre zum einen die Übersetzung „arbeiten“, „sich anstrengen“, erläutert Dr. Arno Lutz. „Die Tätigkeit in einem Katheterlabor ist intensiv und anstrengend – körperlich und geistig.“ Eine weitere Übersetzung: „sich kümmern“. „Wir kümmern uns um Patienten, die medizinische Hilfe brauchen. Das Kümmern ist mir sehr wichtig, es ist mehr als Abarbeiten. Unsere Patient*innen sollen fühlen, dass wir uns wirklich um sie bemühen. Dass wir in der Zeit, in der sie im HKL sind, ganz und nur für sie da sind. In ‚kümmern‘ steckt auch persönliche Zuwendung.“ Der Begriff bedeutet außerdem „leiden“, „Schwierigkeiten haben“, „in Not sein“. Lutz sagt dazu: „Viele unserer Patient*innen sind in ernst zu nehmender Not und brauchen sofortige Hilfe, insbesondere die Menschen, die mit einem akuten Herzinfarkt zu uns kommen. Aber auch wir Untersucher geraten mal in Schwierigkeiten und leiden.“
Viele Aufgaben
Das Herzkatheterlabor im Vinzenz hat eine lange Tradition und besteht seit 1986. Etwa 2.000 Patienten werden jährlich behandelt. Es finden alle wesentlichen kardiologischen Eingriffe statt, also alle invasiven Prozeduren. Man kann die Eingriffe in drei Gruppen einteilen. Erstens: die klassischen Herzkatheteruntersuchungen, also Kontrastmitteldarstellung der Herzkranzarterien mit Interventionen (Ballonerweiterungen und Stentimplantationen). Zweitens: Behandlung von Herzrhythmusstörungen. Und drittens: Device-Implantationen (Schrittmacher, Defibrillatoren). Die Arbeit ist anspruchsvoll, die Ausbildung bis zur eigenständigen Arbeit ist sehr lang. Das Team besteht aus spezialisierten Pflegefachkräften, die ausschließlich im Katheterlabor arbeiten, und dem Ärzteteam inklusive Fachärztinnen und -ärzten für Kardiologie unter der Leitung des Chefarztes Dr. Christian Zellerhoff. Die Pflegefachkräfte bereiten die Patientinnen und Patienten auf dem Kathetertisch vor, legen Zugänge, geben Medikamente, überwachen, dokumentieren, kümmern sich um das Material und vieles mehr. „Beim eigentlichen Eingriff arbeiten alle sehr eng zusammen“, sagt Lutz. „In der Regel steht eine Pflegefachkraft mit einem Kardiologen am Tisch, beide arbeiten buchstäblich Hand in Hand.“
Die Eingriffe sind filigran und bergen meist hohe Risiken. Kleine Fehler können für die Behandelten gravierende Folgen haben. Arzt/Ärztin und Pflegefachkraft müssen absolut konzentriert sein. „Im Dienst sind wir ein Zweierteam. Es ist echte Teamarbeit, man muss sich kennen und aufeinander verlassen können“, sagt Lutz. Der Tag beginnt zwischen 7.30 und 8 Uhr: Einchecken, die beiden Herzkatheterlabore vorbereiten, die Technik hochfahren, das Material zusammensammeln, Patient*innen bestellen, auflegen. Die Eingriffe beginnen steril zwischen 8 und 8.30 Uhr parallel in beiden Laboren und dauern zwischen zehn Minuten und mehreren Stunden. Je nach Aufwand finden so acht bis zwölf Prozeduren täglich statt. „An den meisten Tagen haben wir die Arbeit bis 16 Uhr geschafft, wir müssen nur selten Untersuchungen verschieben.“
Die Begeisterung dabei, Menschen zu helfen
Dr. Arno Lutz hat sich schon immer für invasive Arbeit und Akutmedizin begeistert: „Kardiologie ist häufig Akutmedizin. Patient*innen im Infarkt oder in einer anderen lebensbedrohlichen Situation helfen zu können ist anstrengend, aber sehr erfüllend. Die Kombination aus anspruchsvoller geistiger und manueller Tätigkeit ist besonders schön.“ Der Kardiologe findet es spannend, einen internistischen Fall zu durchdenken und zu lösen: „Aber es ist auch schön, mit den Händen und Sinnen zu arbeiten. Die invasive Kardiologie hat sehr viel Ästhetisches an sich. Jeder Fall ist anders und neu. Es gibt für mich keine Routine. Darf es auch nicht geben in einer Disziplin, in der es um viel geht. Diese hohe Verantwortung ist etwas Schönes und Herausforderndes, hat aber auch eine andere Seite. Die Dankbarkeit der Patienten ist besonders schön, vor allem nach schwierigen Eingriffen.“
Lutz erinnert sich noch gut an den ersten Herzinfarkt, den er 2013 allein und selbstständig behandelt hat: „Meine Lehrerin Dr. Petra Wucherpfennig ist zur Intensivvisite gegangen und hat mich machen lassen. Es war ein Hinterwandinfarkt, der Patient war ein älterer Herr, der Vater eines Hausarztes. Ich hatte keine Angst, war aber sehr angespannt und am Ende froh, dass alles gutgegangen ist. Interventionen bei Menschen, die ich persönlich kenne, bleiben mir im Gedächtnis.“ Neben vielen tollen Erlebnissen wird er jedoch auch nie den Fall eines noch recht jungen Patienten mit tragischem Ausgang im Katheterlabor 2019 vergessen: „Das prägt und zeigt, dass die Arbeit in den Koronargefäßen immer mit hohem Risiko verbunden ist. Und dass wir Ärzte, so genau und gewissenhaft wir auch arbeiten, uns nicht einbilden dürfen, alles hinzubekommen.“
Bestenfalls kommt man jedoch gar nicht erst ins HKL. Vorbeugend hilft es vor allem, gesund zu leben, insbesondere den Blutdruck einstellen zu lassen, sich zu bewegen und nicht zu rauchen. „Wir lernen in der Medizin allerdings mehr und mehr, dass die genetische Veranlagung für Herz-Kreislauf- Erkrankungen wie zum Beispiel die koronare Herzkrankheit eine entscheidende Rolle spielt. Für alles, was wir selbst in der Hand haben, haben wir eine gewisse Verantwortung uns selbst gegenüber."