Schnelle Hilfe bei akuten Schmerzen
Seit Ende 2019 gibt es einen AKUTSCHMERZDIENST im Vinzenzkrankenhaus. Die Aufgabe unserer Pain Nurses: Schmerzen lindern.
Der Tag beginnt auf der Intensivstation. Jessica Kaps, eines von vier Mitgliedern des Teams Akutschmerzdienst, begleitet die Visite und bespricht mit der diensthabenden Anästhesistin oder dem diensthabenden Anästhesisten, welche Patienten und Patientinnen auf die sogenannte Normalstation verlegt werden. Sie stimmt die pflegerische Behandlung ab, dabei geht es vor allem um bestehende oder zu erwartende Schmerzen. Wer mit Jessica Kaps spricht, der spürt: Sie ist in ihrem Element als Pain Nurse – übersetzt Pflegeschmerzexpertin. So heißt die Ausbildung offiziell. In Zusammenarbeit mit Ärztinnen und Ärzten weiß sie jede Art von Schmerz zu lindern. Häufig geht es um die Medikation, aber auch um schmerzärmere Lagerung oder um Mobilisierung der Patienten und Patientinnen. Vor neun Jahren hat sich Jessica Kaps entschieden, sich beruflich weiterzuentwickeln. Damals gab es noch keinen Akutschmerzdienst im Vinzenzkrankenhaus. Als Pflegekraft auf der Intensivstation hatte sie aber mit dem Thema zu tun und wollte mehr erfahren darüber, woher Schmerz kommt, wie er entsteht, wie unterschiedlich Schmerz wahrgenommen wird und vor allem – wie sie Schmerzen lindern kann. Nach der Visite auf der Intensivstation besucht Jessica Kaps die Patientinnen und Patienten, die möglicherweise Schmerzen haben, zum Beispiel nach Operationen, auf den Normalstationen. Manche betreut sie allein. Dort, wo die Medikation neu eingestellt werden muss oder ein Schmerzkatheter liegt, begleitet sie ein Arzt oder eine Ärztin der Anästhesie.
Teamwork gegen Schmerzen
Heute hat Petra Schmeinck, Fachärztin für Anästhesie, Dienst. Sie bespricht mit Jessica Kaps die Akte der nächsten Patientin. Nach kurzem Klopfen treten sie in deren Zimmer. Jessica Kaps fragt nach ihrem Befinden. Um sie besser zu verstehen, beugt sie sich zur Patientin, der das Sprechen schwerfällt, hinunter. Sie hat Schmerzen. Jessica Kaps hat eine Skala dabei, mit Zahlen von null bis zehn und Smileys von betrübt bis fröhlich. Hier kann die Patientin selbst einordnen, wie stark ihre Schmerzen sind. Mit einem Blick in die Tablettenbox erkennt Jessica Kaps, dass die Medikamente nicht genommen worden sind. Ruhig erklärt sie, warum die Einnahme wichtig ist, um die Schmerzen zu lindern und wieder mobil zu werden. Nachdem sie wieder draußen steht, erklärt Jessica Kaps: „Einige Menschen haben Sorge, von Opiaten abhängig zu werden. Dann nehmen sie die Tabletten nicht. Aufklärungsarbeit ist nötig.
Medikamente werden von unseren Ärztinnen und Ärzten gezielt verschrieben, um Schmerzen zu lindern und die Heilung voranzubringen. Insbesondere ältere Patienten und Patientinnen denken oft, sie müssten Schmerzen aushalten.“ Mit Anästhesistin Petra Schmeinck bespricht Jessica Kaps das weitere Vorgehen. Am frühen Nachmittag wird sie diese Patientin sowie alle anderen Schmerzpatienten und -patientinnen ein zweites Mal besuchen.
Die grüne Tasche
Weiter geht es in die nächsten Zimmer. Jessica Kaps schaut sich die Lage von Schmerzkathetern an, prüft die Beutel mit Schmerzmitteln. Ihre grüne Tasche hat sie immer dabei. Darin ist alles, um Zugänge zu versorgen oder – gemeinsam mit der Ärztin – eine Spritze zu geben. So wie bei der nächsten Patientin. Diese klagt trotz Katheter über Schmerzen im Knie, das ihr am Tag zuvor operiert wurde. Auf der Skala von Jessica Kaps liegen die Schmerzen bei sechs bis sieben. Zu hoch. Daher entscheiden Ärztin und Pain Nurse, zusätzliche Schmerzmittel zuzuführen.
Selbstbestimmte Medikation
Ein anderer Patient bekommt heute das letzte Mal Besuch von Jessica Kaps. Ihm geht es besser. Mittlerweile liegt er entspannt auf seinem Bett. Er ist in der Urologie operiert worden und dankbar für die Hilfe von Jessica Kaps. Als einer der Ersten im Vinzenz hat er eine neue Schmerzpumpe erhalten. Damit können sich Patientinnen und Patienten durch Druck auf einen Knopf selbst Medikamente verabreichen, wenn Sie Schmerzen haben. Die Pumpe ist so eingestellt, dass eine Überdosierung ausgeschlossen ist. Expertin Kaps erklärt: „Unsere Patienten und Patientinnen können sich damit selbstbestimmter therapieren. Die Pumpe ist im Gegensatz zum alten Modell mobil, man kann sich im Haus bewegen. Auch das hilft, schneller gesund zu werden.“ Wann wie viele Medikamente gegeben wurden, kontrolliert Jessica Kaps bei ihren Visiten. Sie trägt die Werte in die Akte ein. Die genaue Dokumentation der Visiten macht einen großen Teil ihrer Arbeit aus.
Interne Schulungen
Derzeit schult die Schmerzspezialistin Jessica Kaps mit ihren Kollegen Eike Gottstein und Johannes Hartmann alle Stationen im Umgang mit den neuen Pumpen. Nach der Übergabe um 13 Uhr sind heute auf Station drei acht Pflegekräfte im Dienstzimmer: Jessica Kaps erklärt, wie die Pumpen funktionieren und die Beutel gewechselt werden. Diese Aufgabe haben, auch bevor es den Akutschmerzdienst gab, Pflegekräfte übernommen. Neu ist, dass sie sich mit allen Fragen an Jessica Kaps wenden können. „Der Start des Akutschmerzdienstes Ende 2019 war erst mal eine Umstellung“, erzählt sie. Seit November begleitet sie die Visiten. Zuvor wurde das Team in den Besprechungen den Stationsleiterinnen und -leitern, Stationsmitarbeitenden sowie allen Chef- und Oberärzten und -ärztinnen vorgestellt.
„Ich arbeite auf Augenhöhe mit den Fachärztinnen und –ärzten zusammen. Unsere Arbeit wird von den Kollegen und Kolleginnen sehr gut aufgenommen. Und natürlich gibt es positive Rückmeldungen der Patientinnen und Patienten, denn wir tun alles, damit es ihnen besser geht“, so Kaps. Unsere Pain Nurses Jessica Kaps, Eike Gottstein und Johannes Hartmann besuchen regelmäßig Fortbildungen zum Thema Schmerz, sodass sie ihr Wissen immer aktualisieren.
INFO: Ausbildung zum pflegerischen Schmerzexperten (Pain Nurse):
• Dauer: 18 Wochen
• Gelernt wird auf einer Onlinelernplattform, dort werden Lehrbriefe im Selbststudium durchgearbeitet.
• Die Ausbildung ist in drei Module unterteilt, die mit einer Prüfung abgeschlossen werden.
• Die Module beinhalten unter anderem diese Themen: Schmerzentstehung, Therapiemöglichkeiten für akuten und für chronischen Schmerz, Psychologie, nicht medikamentöses Schmerzmanagement, Schmerzerfassung und Schmerzdokumentation, Patientenschulung und -beratung, invasive Schmerztherapie, Tumorschmerztherapie, Versorgung in der Palliativsituation.
• Auf das Selbststudium folgt eine dreitägige Präsenzphase am Schulungszentrum in Nürnberg. Dort finden Vorlesungen und Workshops statt.
• Teil der Ausbildung sind freiwillige Hospitationen in Akutschmerzdiensten anderer Krankenhäuser.