Interdisziplinäre Frauenheilkunde
Oberarzt Andreas Nikolaou, Facharzt für Gynäkologie und Geburtshilfe, im Interview über sein Spezialgebiet Urogynäkologie und fachübergreifende Pläne am Vinzenz
Herr Nikolaou, Sie sind auf urogynäkologische Behandlungen spezialisiert. Was ist das?
Die Urogynäkologie ist ein Teilbereich der Gynäkologie, also der Frauenheilkunde, der sich mit unterschiedlichen Formen der Harninkontinenz und der Senkung der Blase, der Gebärmutter, der Scheide und des Enddarms beschäftigt. Urogynäkologie leitet sich ab aus griechisch ouron für Harn und gyné für Frau.
Mit welchen Beschwerden kommen Patientinnen zu Ihnen?
Die häufigsten Probleme sind Inkontinenz und Senkungsbeschwerden der Genitalorgane. Aber auch rezidivierende, also wiederkehrende, Harnwegsinfekte sind ein großes Thema.
Wie helfen Sie den Frauen?
Wir bieten im Vinzenz sämtliche minimalinvasive Maßnahmen an, um Beschwerden zu beheben. Alle Eingriffe folgen dem Grundsatz: Wir tun so wenig wie möglich und so viel wie notwendig. Dabei legen wir auf organerhaltende Operationen viel Wert. Wenn das eigene Bindegewebe für eine Stabilisierung nicht ausreicht, setzen wir auch künstliche Materialien erfolgreich ein.
Gibt es da Überschneidungen zur Urologie im Vinzenz?
Die gibt es. Wir arbeiten eng mit der Urologie, aber auch der Allgemeinchirurgie sowie dem End- und Dickdarmzentrum Hannover (EDH) zusammen. Diese Kooperation wollen wir erweitern bis hin zum Aufbau eines kooperativen, interdisziplinären Beckenbodenzentrums. Die Urogynäkologie ist ausschließlich auf die Behandlung weiblicher Patienten ausgerichtet.
Wie kommen Patientinnen zu Ihnen ins Vinzenz?
Die Patientinnen kommen auf Zuweisung der niedergelassenen Kolleginnen oder Kollegen aus der Gynäkologie und der Urologie zu uns. Seit Oktober können wir auf Überweisung über unsere Ermächtigungsambulanz zusätzlich agieren.
Wie funktioniert das Prinzip der Ermächtigungsambulanz?
Alle niedergelassenen Ärztinnen und Ärzte können uns bei einer speziellen Fragestellung ihre Patientinnen per Einweisung zuschicken. Die Ermächtigung ist eine spezielle Form dieser Zuweisung mittels Überweisung. Sie ist dann möglich, wenn die entsprechende Expertise in der ambulanten Versorgung nicht ausreicht. Dann werden ermächtigte Ärzte und Ärztinnen benannt, die diese Aufgaben im Krankenhaus übernehmen. Da ich zu den ermächtigten Spezialisten zähle, ist dies in der Urogynäkologie des Vinzenz seit Aufnahme meiner Tätigkeit möglich.
Wie sieht die Ausbildung eines Urogynäkologen aus?
Die Ausbildung umfasst neben der gynäkologischen Grundausbildung eine Fachweiterbildung und Zertifizierung über die Arbeitsgemeinschaft der Fachgesellschaft.
Wo haben Sie Ihre speziellen Fähigkeiten erworben?
Mein Weg führte mich nach dem Medizinstudium an der Medizinischen Hochschule Hannover (MHH) zum Klinikum Bremen-Mitte. Hier war ich erst Assistenzarzt und absolvierte dann meine Facharztausbildung. In Bremen habe ich die Urogynäkologie im Rahmen der Sprechstunde zunächst kennengelernt und später eigenverantwortlich geführt. Nach dem Facharzt ging ich zurück nach Hannover an das Henriettenstift, wo ich meine Spezialisierung durch Fortbildungen und Hospitationen bei führenden Urogynäkologen im In- und Ausland ausbaute. Die Theorie habe ich mir auch in Eigenregie und -studium angeeignet. Zuletzt verantwortete ich für die Diakovere-Krankenhäuser – Friederikenstift und Henriettenstift – gemeinsam mit dem Chefarzt die Urogynäkologie.
Seit Ende 2019 sind Sie jetzt im Vinzenzkrankenhaus. Was macht Ihre Arbeit aus?
Ich habe zum Oktober 2019 im Vinzenz angefangen und fühle mich sehr wohl. Persönliche Wertschätzung und das tägliche Miteinander machen mir viel Spaß. Ich möchte neue Ideen und neue Therapieoptionen langfristig etablieren und dabei das vorhandene Spektrum noch deutlich ausweiten.