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Elektrophysiologie

Alles für den Rhythmus

Herzschrittmacher, Herzkatheter & Co.: Dr. Thorben König, leitender Oberarzt, erklärt was die Elektrophysiologie in der Kardiologie leistet.

Herr Dr. König, seit Januar 2019 sind Sie Oberarzt im Vinzenz. Sie haben die Elektrophysiologie für die Kardiologie, also die Klinik für Herz-Kreislauf-Erkrankungen, neu aufgebaut. Was versteht man darunter?
Als kardiale Elektrophysiologie oder auch Rhythmologie bezeichnet man eine Spezialisierung in der Kardiologie, die sich mit Diagnose und Therapie von Herzrhythmusstörungen befasst. Die zwei größten Teilbereiche sind die Devicetherapie – die Indikation und Implantation implantierbarer Geräte wie Herzschrittmacher oder Defibrillatoren und die Nachsorge – und die interventionelle Elektrophysiologie – die kathetergestützte Verödung von Herzrhythmusstörungen.

 

Welche Erkrankungen können Sie damit behandeln?
Die hierzulande häufigste Herzrhythmusstörung, die Beschwerden verursacht, ist das Vorhofflimmern. Durch eine individuelle Kombination von medikamentöser und interventioneller Therapie – zum Beispiel einer bestimmten Katheterablation, der Pulmonalvenenisolation – kann eine erhebliche Verbesserung der Symptome und sogar Beschwerdefreiheit erreicht werden. Eine Katheterablation hilft auch oft sehr gut bei verschiedenen Formen von Herzrasen ansonsten gesunder Menschen. Diese Arten von Herzrasen werden durch angeborene Normvarianten am elektrischen Leitungssystem des Herzens begünstigt. Auch Patienten mit einer Herzschwäche profitieren von elektrophysiologischen Maßnahmen. Ist beispielsweise die elektrische Aktivierung des Herzmuskels gestört, kann sich die Herzmuskulatur nicht mehr gleichmäßig zusammenziehen. Diese Form der Herzschwäche können wir durch eine spezielle Herzschrittmachertherapie, die kardiale Resynchronisationstherapie, wesentlich verbessern.
Ein weiteres Behandlungsziel bei Patienten mit Herzinsuffizienz ist es, den plötzlichen Herztod zu vermeiden, der durch bösartige, schnelle (tachykarde) Rhythmusstörungen eintreten kann. Bestimmten Risikopatienten können wir durch die vorsorgliche Implantation eines Defibrillators das Leben retten.

Sind für die Behandlung spezielle Geräte und eine besondere Technik notwendig?
Die kardiale Elektrophysiologie ist ohne moderne Technik nicht vorstellbar. Geräte wie Herzschrittmacher und Defibrillatoren sind oft sehr kompliziert und haben vielfältige Programmiermöglichkeiten. Bei der Implantation von Systemen zur kardialen Resynchronisationstherapie setzen wir aufwendiges Spezialmaterial ein. Kathetergestützte Verödungen von Herzrhythmusstörungen sind nur in einem eigens eingerichteten Herzkatheterlabor möglich, das unter anderem über einen elektrophysiologischen Herzkathetermessplatz, einen Ablationsgenerator und einen Stimulator verfügt. Wichtig ist außerdem ein elektroanatomisches Rekonstruktionssystem, das eine dreidimensionale Karte des Herzens erstellt, in der wir ohne Röntgenstrahlung den Ablationskatheter millimetergenau bewegen können. All diese Geräte müssen sorgfältig aufeinander abgestimmt sein. Einige Geräte haben wir im Vinzenzkrankenhaus Ende 2018 neu gekauft.

Wie lernen die Kollegen, sie zu bedienen?
Das Vinzenz verfügte bereits über einen sehr guten elektrophysiologischen Messplatz. Neu erworben haben wir ein Gerät für Kälteballonablationen bei Vorhofflimmern sowie das elektroanatomische Rekonstruktionssystem. Dafür gab es Schulungen der Mitarbeiter. Die ersten Untersuchungen haben wir mit den Kollegen der Herstellerfirmen gemeinsam gemacht. Insgesamt sind die Untersuchungen sehr kompliziert – und es gibt viele unterschiedliche Varianten. Ich freue mich sehr über die Motivation und Begeisterung, Neues zu lernen, welche insbesondere die Kollegen der Pflege aus dem Herzkatheterlabor mitbringen. Elektrophysiologie ist immer Teamarbeit!

Was begeistert Sie persönlich besonders an Ihrem Fachgebiet?
Schon im Studium begeisterte mich Kardiologie. Ich schrieb eine kardiologische Doktorarbeit in der elektrophysiologischen Arbeitsgruppe der Medizinischen Hochschule Hannover (MHH), und meine Begeisterung für dieses Fachgebiet wuchs stetig – was sich bis heute nicht geändert hat. Dann wurde ich Assistenzarzt in der Klinik für Kardiologie und erhielt eine umfassende elektrophysiologische Ausbildung, 2017 wurde ich elektrophysiologischer Oberarzt an der MHH. An der Elektrophysiologie begeistert mich die Kombination von Technik und klinischer Medizin: Die Möglichkeit, durch modernste Technik Prognose und Symptomatik kardiologischer Patienten zu verbessern.

Ist es für Patienten schwer zu verstehen, was der Behandlungsplan vorsieht? Welche Fragen hören Sie häufig?
Tatsächlich sind einige therapeutische Abwägungen und Beschreibungen des Untersuchungsablaufes komplex und können nicht von allen Patienten verstanden werden. Das ist aber auch gar nicht erforderlich. Es ist Aufgabe des Arztes, eine Therapieempfehlung zu geben und sie dem Patienten individuell bestmöglich zu erläutern, damit dieser eine möglichst fundierte Entscheidung treffen kann. Hier unterscheidet sich das Vorgehen in der Elektrophysiologie nicht grundsätzlich von anderen medizinischen Fächern.