Sowohl Männer als auch Frauen können unter einem Kontrollverlust ihrer Schließmuskeln leiden. Frühzeitig erkannt, lässt sich eine solche Beckenbodenschwäche therapeutisch behandeln.
Die Hemmschwelle ist groß: eine Schwäche im Beckenboden, die zu Schmerzen, unkontrolliertem Urinverlust oder chronischen Blasenentzündungen führen kann, zu erkennen und behandeln zu lassen. Dabei kann eine späte Diagnose langfristig zu Einschränkungen und Einbußen in der Lebensqualität bei Männern und Frauen führen. „Es ist wichtig, sich zeitnah Spezialisten anzuvertrauen, damit die längst verloren geglaubte Lebensqualität wiedererlangt wird“, sagt Andreas Nikolaou, Leiter der Urogynäkologie. Der Beckenboden und seine Schwächen Ganz wichtig: An einer Beckenbodenschwäche können nicht nur Frauen, sondern auch Männer leiden. Es gibt nicht den einen Grund, warum Menschen eine Beckenbodenschwäche haben, und auch nicht die eine Form von Beckenbodenschwäche. Durch den aufrechten Gang wird der Beckenboden belastet. Dadurch erhöht sich das Risiko eines Defekts oder dass sich ein bereits vorhandener Defekt verschlimmert. „Wichtig ist, sich die Beckenbodenschwäche einzugestehen, zum Arzt zu gehen und eine individuelle Therapie auszuarbeiten“, so Nikolaou.
Ein Frauen- und Männerproblem
Bei Frauen haben die Strukturen des Beckenbodens gemeinsam die Aufgabe, wie eine aktiv-passive Hängematte die Harnblase, die Gebärmutter und den Enddarm zu halten. Ist die Funktion nicht mehr
intakt, weil die Haltestrukturen (Bänder, Faszien, Bindegewebe und so weiter) nachgeben, senken sich Blase, Gebärmutter und Enddarm nach unten Richtung Scheide. „Nicht zuletzt kann sich auch
eine Blasen- oder Darmfunktionsstörung bis hin zu einer Inkontinenz entwickeln“, erzählt Nikolaou. Probleme des Beckenbodens bei Männern fallen vor allem in die Urologie, da Beschwerden rund um
die Kontinenz und Potenz in der Regel auf ein Problem mit der Prostata in Zusammenhang mit einer Beckenbodenschwäche zurückzuführen sind. „Wir sprechen gemeinsam mit den Patienten und Patientinnen nach der Anamnese und spezifischen Untersuchungen Therapiemöglichkeiten durch. Dabei legen wir großen Wert auf konservative Behandlungen wie Training durch elektrische Muskelstimulation, Physiotherapie und weitere Hilfsmittel. Sollten diese nicht ausreichend sein, werden operative Konzepte organerhaltend und minimalinvasiv angeboten und besprochen“, berichtet Nikolaou.
Minimalinvasive Chirurgie
Das Vinzenzkrankenhaus bietet sämtliche Maßnahmen der minimalinvasiven Chirurgie (MIC) an, um Beschwerden zu beheben. Die sogenannte Schlüssellochchirurgie vermeidet große Bauchschnitte, indem Eingriffe über minimierte Zugänge zum Beispiel unterhalb des Bauchnabels durchgeführt werden. „Wann immer medizinisch angemessen und sinnvoll, finden Operationen in unseren Operationssälen minimalinvasiv statt. Dabei legen wir besonderen Wert darauf, die Behandlungszeit so gering wie möglich zu halten und nur so viel wie notwendig zu machen. Die MIC vereint kurze
OP-Zeiten und schnelle Erholungsphasen mit niedrigen Komplikationsraten“, erläutert Nikolaou. Das Vinzenzkrankenhaus hat aktuell die höchste Qualifikationsstufe der Arbeitsgruppe Gynäkologische Endoskopie, nämlich MIC III.
INTERDISZIPLINÄRE ZUSAMMENARBEIT
Das interdisziplinäre Beckenbodenzentrum im Vinzenzkrankenhaus, das in den letzten zwei Jahren entstanden und weiter gewachsen ist, behandelt Frauen und Männer unter anderem bei Beckenbodenproblemen, Inkontinenz und Harnwegsinfekten. Urologie, Gynäkologie, Allgemeinchirurgie und das End- und Dickdarmzentrum Hannover (EDH) arbeiten eng zusammen, um den Patientinnen und Patienten eine bestmögliche Therapie anbieten zu können. „Diese Kooperation ist wichtig, da sie das Know-how aller Fachbereiche vereint. Man darf aber auch nicht Bereiche wie zum Beispiel die Physiotherapie, die Ernährungsberatung oder die Psychologie vergessen“, sagt Andreas Nikolaou, Leiter der Urogynäkologie im Vinzenzkrankenhaus. Im Rahmen von Fallkonferenzen werden komplexe Fälle vorgestellt und eine bestmögliche Therapie besprochen. Es kann vorkommen, dass auch die anderen Fachabteilungen wie Innere Medizin, Neurologie oder Rehabilitationsmedizin hinzugezogen werden.